Kanban System Einfach Erklärt – So Geht Lean Production
Kanban was soll das bedeuten? So war sicher Ihre Reaktion als Sie das Wort zum ersten Mal gehört haben. Keine Sorge, hier bekommen Sie das Kanban System einfach erklärt.
Das Kanban System einfach erklärt
Die kurze Antwort auf die Frage was Kanban bedeutet ist: Kanban ist ein System der Pull Steuerung.
Mit dieser kurzen Antwort haben wir wohl mehr Verwirrung geschaffen als Klarheit. Die lange Antwort beginnt mit der Bedeutung des Worts Kanban selbst. Das Wort kommt aus dem Japanischen und bedeutet Etikett, Karte oder Aufkleber.
Mit dieser Übersetzung ist das Kanban System einfach erklärt, denn Karten sind das Herzstück des Kanban Systems. Heutzutage wird der Rechner zwar immer wichtiger, doch ohne die guten alten Kanban Karten läuft nichts.
Systematisch gesehen gehört Kanban zur Gruppe der Produktionsplanung und -steuerung als Teil der Logistiksteuerungslösungen. Es ist eine Planungsmethode die Materialbestellungen nach dem Verbrauchsteuerungsprinzip (im englischen auch Pull-Strategy womit wir wieder bei der kurzen Erklärung wären) regelt.
Verbrauchsteuerung bedeutet das Bestellung für neues Material nur vom Verbrauch im Produktionsablauf abhängen. Zwar wird zu Beginn eine Lagermenge festgelegt, aber die Neubestellungen füllen nur bis zu diesem Level auf. Die Lagermenge wird mit den zuvor erwähnten Kanban verfolgt.
Sie fragen sich warum der ganze Aufwand? Die Hauptgründe sind kurz:
- Erhöhte Lieferfähigkeit
- Verbesserte Qualitätskontrolle
- Reduzierung der Lagerbestände und des Lagerraums
- Kundenzufriedenheit
Alles in allem führt Kanban zu mehr Umsatz bei verringerten Ausgaben also Profit! (Tipp aus unserer persönlichen Erfahrung: Kanban braucht ein gutes Projekt- und Warenmanagement. Für beides nutzen wir seit kurzem nicht mehr die Revolver Software sondern HQ – und sind damit sehr zufrieden!)
Der erhöhte Profit ist was Kanban so beliebt macht, nicht nur der Spaß am Karten designen und an Behälter kleben.
Damit der Profit auch für Ihren Betrieb Realität wird sollten Sie sicher sein, dass ein möglichst großer Teil Ihre Produktionswerte am System teilnimmt. Dazu gehören auch die Zulieferbetriebe. So vermeidet man Produktionspausen durch Materialengpässe oder Überkapazitäten.
Dazu müssen Sie ihr System ständig überwachen und den Produktionsablauf sehr genau kennen.
Visuell bekommen Sie hier in knapp 3 Minuten das Kanban System einfach erklärt:
Die Kanban-Story
Bevor wir in die Details der Funktionsweise von Kanban gehen ein kurzer Exkurs zur Geschichte der Idee:
Kanban ist 1947 im weltweit bekannten Automobilkonzern Toyota entstanden. Erdacht hat es der Ingenieur Taiichi Ohno. Die Motivation war die damals recht miserable Lage der Japanischen Industrie im Vergleich zu dem Konkurrenten aus den USA.
Die Produktivität und Rentabilität musste dringend erhöht werden. Dazu wurden 18 neue Elemente, eines davon Kanban, in den Produktionsablauf eingefügt. Das neue System wurde Toyota Produktionssystem (TPS) genannt.
Die dynamischen Produktionsmethoden wie TPS und ähnliche Systeme anderer japanischer Großunternehmen führten zum japanischen Wirtschaftswunder der 60er und 70er Jahre das nur durch die Ölkrise unterbrochen wurde.
Beeindruckt durch den rasanten Anstieg von Japans Wirtschaftskraft wurden Systeme wie Kanban und TPS schnell in Europa und den USA kopiert und führten zur heutigen Popularität der Just-In-Time Produktionsmethode. Eine interessante Antithese zur generell bekannten Kopierwut der japanischen Ingenieure.
Nun zur eigentlichen Funktionsweise von Kanban. Welche Begriffe sind wichtig? Welche Institution müssen in Betrieben eingerichtet werden?
Wie funktioniert Kanban?
Wie vorher erwähnt ist die Kanban Karte das Herz des Kanbansystems. Die Karte identifiziert die Ressource die in der Produktion verbraucht wird. Häufig findet man die Kanbansteuerung mit Karten die an 2 Behältern befestigt sind. Während ein Behälter in der Produktion ist, befindet sich der andere im Lager und wird aufgefüllt.
Die Karten kommen in diesem Fall in drei Formen:
- Lagerkanban der zur Neuauffüllung des Kanbanbehälters mit Ressourcen aus dem Lager führt.
- Lieferantenkanban der zur Neubestellung von Ressourcen führt
- Produktionskanban der zur Nachproduktion einer Ressource im Betrieb führt
Zusätzlich zu der Kanbankarte wird der Produktionsfortschritt auf einer sogenannten Kanbantafel festgehalten.
Auf den ersten Blick ist damit das Kanban System einfach erklärt. Bevor Sie allerdings loslegen mit dem Kanbanen müssen Sie sich überlegen ob und wo Kanban in Ihren Betriebsablauf passt.
Was ist bezüglich der Ressourcenart und Menge zu beachten
In der Prozessanalyse unterscheidet man Ressourcen in A,B und C teile:
- A-Teile haben hohen wert und machen circa 5 % der verwendeten Ressourcen aus
- B-Teile haben mittleren wert und machen circa 15 % der verwendeten Ressourcen aus
- C-Teile sind die Hauptmasse der verwendeten Ressourcen und machen circa 80% aus
Am besten passen gut zu lagernde und zu messende Ressourcen (C-Teile) wie zum Beispiel Schrauben oder Nägel in den Kanbanprozess. Beim Behälterkanban müssen Behälter und Ressourcenmengen gewählt werden die groß genug sind, so dass der leere Kanban aufgefüllt werden kann bevor der Ersatzkanban in der Produktion geleert wurde.
Sind ausreichend große Behälter nicht vorhanden muss die Anzahl der Kanbankarte / -behälter im Betrieb erhöht werden, bis sichergestellt ist, dass die Produktion nicht unterbrochen wird. Barcodes, Scanner und EDV-Einbindung erhöhen die Präzision und Geschwindigkeit. Die Kanbanbehältergröße und Menge wird traditionell durch sogenanntes Materialfluss-Kaizen angepasst.
Sie fragen sich nu Kaizen? Was ist das? Das Wort kommt aus dem Japanischen und steht für die kontinuierliche Überwachung und Verbesserung des Produktionsprozesses. Eine Vorgehensweise die jedem erfolgreichen Unternehmer selbstverständlich erscheint. Allzu oft wird Kaizen allerdings durch Gewohnheiten und Widerstand gegen Veränderungen langer Zeit verwendeter Prozesse verhindert.
MRP-Kanban Hybridverfahren
Heutzutage geht der Trend immer mehr zum personalisierten Produkt. Im Internet können sie sich ein Auto oder Sportschuh vor der Bestellung selbst zusammenstellen. Das reduziert die Anzahl an C-Teilen und damit Kanban fähigen Ressourcen im Betrieb da die Produktvielfalt steigt.
Teile die nicht in die C-Kategorie passen, werden gewöhnlich mit dem Material Requirements Planning kurz MRP verwaltet. MRP ist ein Push Verfahren und löst das Versorgungsproblem von der anderen Seite her, mit Prognosen des Verbrauchs anhand von Bestellzahlen und Produktrezepturen.
Damit man Kanban optimal nutzen kann, ist es ratsam ein Hybridverfahren aus Kanban und MRP zu verwenden.
Fazit
Kanban ist in vielen Betrieben anwendbar. Am einfachsten in simplen Serienfertigungs-Prozessen die hauptsächlich mit C-Teilen arbeiten. In kleinen Betrieben reicht ein analoges Kartenkanban. Bei größeren Prozessen ist Einbindung der Karten in ein EDV-System mit Barcode nützlich.
Im Gegensatz zu MRP das zentral und großflächig plant, ist das Kanbansystem direkt vom Verbrauch abhängig und reagiert schnell auf ansteigenden Verbrauch durch die automatische Neubestellung.
Das verringert Versorgungsengpässe und Ausgaben für Logistik. Die Lieferfähigkeit steigt und die Produktionszeit wird verringert.
Zusammengefasst Kanban = Profit!